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„Wir müssen und werden die Unternehmen an die Hand nehmen“

Großes Wohnhandwerker-Interview mit dem saarländischen Wirtschaftsminister Jürgen Barke zu den Folgen der Energiekrise: Der umtriebige SPD-Politiker macht den Betriebsinhabern Mut, durchzuhalten und Beratungsangebote anzunehmen.

Bildnachweis: Saarland / Oliver Dietze

Bildnachweis: inplan-media

Bildnachweis: inplan-media

Bildnachweis: Deutscher Bundestag / Photothek / Xander Heinl

Als Betriebsinhaber fällt es momentan schwer, den Überblick zu behalten, mit welchen Maßnahmen man von den gestiegenen Energiekosten entlastet werden soll. Können Sie unseren Wohnhandwerkern hier ein wenig Aufklärung geben?

Der „wirtschaftliche Abwehrschirm“ der Bundesregierung mit einem Finanzvolumen von 200 Milliarden Euro sieht Gas-, Wärme- und Strompreisbremsen für alle Sektoren vor. Im Rahmen der Soforthilfe für Haushalte und für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) sollen die Abschlagszahlungen der Kunden an die Gas- und- Wärmelieferanten im Dezember ausgesetzt werden. Die eigentliche Gaspreisbremse ab März 2023 sieht für Haushalte und KMUs mit einem Jahresverbrauch von weniger als 1,5 Gigawattstunden vor, den Gaspreis auf 12 Cent und den Fernwärmepreis auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde zu deckeln, wobei dies nur für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs gilt. Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt. Bei Industrieunternehmen soll ab Januar 2023 für ein Gas-Grundkontingent von 70 Prozent des historischen Verbrauchs der Nettogaspreis auf sieben Cent pro Kilowattstunde reduziert werden.

Außerdem soll KMUs mit einem Gasverbrauch von mehr als 10.000 Kilowattstunden pro Jahr im Rahmen der Härtefallregelungen eine weitere Abschlagszahlung im Januar 2023 erlassen werden. Die Antragstellung und Abwicklung soll über die Länder erfolgen. Aber wie genau das ablaufen soll, ist noch nicht bekannt. Da bedarf es noch weiterer Bund-Länder-Runden.

 

Mit der Soforthilfe im Dezember sollen auch Handwerksbetriebe entlastet werden. Wie sieht die Entlastung konkret aus? Gilt das nur für Gasverbraucher?

Die Soforthilfe für Haushalte und KMUs soll bereits mit dem Aussetzen der Dezember-Abschlagszahlungen für Gas und Wärme greifen. Haushaltskunden sowie Unternehmen mit einem Jahresverbrauch bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden sollen hiermit im Monat Dezember entlastet werden. Die Soforthilfe schafft damit einen Ausgleich für die gestiegenen Gas- und Wärmerechnungen und überbrückt die Zeit bis zur geplanten Einführung der Gaspreisbremse im Frühjahr. Dafür sollen Endverbraucher von leitungsgebundenem Erdgas sowie Wärmekunden eine einmalige Entlastung erhalten. Konkret entfällt die Pflicht, eine Voraus- oder Abschlagszahlung zu leisten.

 

Wie beurteilen Sie dabei den Umstand, dass diejenigen, die mit Öl heizen und ebenfalls von erheblichen Preissteigerungen betroffen sind, weder an dieser Stelle noch an anderer Stelle entlastet werden? Die Gaspreisbremse im März und April nächsten Jahres hilft also auch nur Gasverbrauchern?

Tatsächlich sind die Gaspreise noch mehr gestiegen als die Ölpreise. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft betrug der Anstieg für Haushalte in Mehrfamilienhäusern im Schnitt etwa 132 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Soforthilfe im Dezember sowie die Gaspreisbremse dienen also dazu, dass alle Verbraucher ungefähr dasselbe zahlen müssen, egal, ob sie mit Gas, Öl, Fernwärme oder Holzpellets heizen.

Nichtsdestotrotz sind auch beim Heizöl die Preissteigerungen schmerzhaft. Deshalb haben wir beim Bund angebracht, dass Heizöl in die Entlastungsmaßnahmen eingeschlossen wird. In der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Länder-Chefs am 2. November wurde unter anderem die Verständigung erzielt, dass Mieter, die durch Aufwendungen für die Bevorratung von Heizöl und Holzpellets finanziell stark überfordert sind, entlastet werden sollen. Auch für selbstgenutztes Wohneigentum, bei dem die Bevorratung dieser Heizmittel zu unzumutbaren Belastungen führt, ist eine Härtefallregelung angedacht. Das muss die Bundesregierung jetzt konkretisieren. Das Saarland hat unabhängig davon Haushaltsvorsorge für Energiekostenschocks in Höhe von 100 Millionen Euro getroffen.

 

Für Schreinerbetriebe wohl eher relevant sind kostendämpfende Maßnahmen beim Strompreis. In welcher Größenordnung werden die Betriebe im nächsten Jahr entlastet?

Die Strompreisbremse für Haushalte und KMUs soll ab 1. Januar gelten und den Preis für ein Grundkontingent von 80 Prozent der Jahresverbrauchsprognose bei 40 Cent pro Kilowattstunde deckeln. Im Gegensatz zum Gassektor ist hier keine Soforthilfe vorgesehen. Für Industriekunden liegt der Preisdeckel bei 13 Cent pro Kilowattstunde Strom für 70 Prozent des historischen Verbrauchs. Darüber hinaus sollen auch die gestiegenen Übertragungsnetzentgelte, welche einen wesentlichen Bestandteil des Strompreises darstellen, gedämpft werden. Um dies zu finanzieren, sollen „Zufallsgewinne“ der Stromerzeuger zumindest teilweise abgeschöpft werden.

 

Sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen auf Bundesebene? Sehen Sie noch Nachbesserungsbedarf oder Möglichkeiten, dass das Land darüber hinaus noch Hilfen gewähren kann?

Ich glaube, dass die Entlastungen ankommen werden – es muss aber definitiv an wichtigen Stellen nachgebessert werden. So hätte die vom Bund avisierte Fördervoraussetzung der Vervierfachung der individuellen Gaskosten für die meisten KMUs zahlreiche Ablehnungsbescheide der Länder zur Folge. Diesbezüglich muss von Seiten des Bundes noch nachgebessert werden.

Offen bleibt auch, ob die EU-Kommission diese pauschale Preisdeckelung bei Industrieunternehmen beihilferechtlich genehmigen wird. Es fehlen bislang auch belastbare Aussagen des Bundes zu ergänzenden Kredit- und Zuschussprogrammen des Bundes für Industrieunternehmen. Auch hier gilt es, in den Verhandlungen mit dem Bund nachzusteuern.

 

Wie zufrieden sind Sie an sich mit der Arbeit der Ampel-Koalition in Berlin? Sind Sie froh, im Saarland allein regieren zu können oder wären Sie gar glücklicher damit, wenn man die Verantwortung im Land mit einem Koalitionspartner teilen könnte?

Eine Allein-Regierung vereinfacht in erster Linie natürlich vor allem Wege und Abstimmungen. Unsere Positionen können meistens schnell und unkompliziert umgesetzt werden. Das bringt aber auch eine enorme Verantwortung mit sich – dieser sind wir uns bewusst und wir gehen sie gemeinsam an. Wir haben im Eiltempo unsere Arbeit aufgenommen und gezeigt, dass wir schnell und abgestimmt handeln – das wird aber auch von den Saarländerinnen und Saarländern erwartet. Zu unserem Demokratieverständnis gehören aber auch alternative Vorschläge zu unserer Regierungsarbeit, die müssen von der Opposition kommen.

 

In diesem Zusammenhang noch eine Reminiszenz an unsere Mitgliederversammlung im Oktober. Dort äußerten Sie die Überzeugung, dass nach einem Machtwort des Kanzlers die Laufzeit für alle drei noch bestehenden Atomkraftwerke bis in den April 2023 ausgedehnt würde. Hatten Sie da schon entsprechende Informationen oder hellseherische Fähigkeiten?

Ich hatte vielleicht einfach die Überzeugung, dass letztendlich doch die richtige Entscheidung getroffen wird. Es war wirklich ein zäher Streit und die verfahrenen Positionen innerhalb der Ampel- Koalition haben einfach nicht zum Ziel geführt. Da war das Machtwort folgerichtig. Wobei ich mir da auch tatsächlich aufgrund der aktuellen Situation gewünscht hätte, dass man sich direkt für eine Option über das Frühjahr 2023 hinaus ausgesprochen hätte.

 

Wäre es hinsichtlich CO2-Reduzierung und Strompreisdämpfung nicht eine rationale Entscheidung, die drei Atomkraftwerke noch darüber hinaus laufen zu lassen?

Wie schon gesagt – ich habe mich bereits zu Beginn der Energiekrise auch beim Bund stark gemacht, dass wir aufgrund besserer Planungssicherheit eine Rückkehr bis 2027 anstreben sollten. Ich denke, dass da das letzte Wort nicht gesprochen ist.

 

Rechnen Sie mit einer Zunahme der Unternehmens-Insolvenzen im nächsten Jahr? Wie will das Land dem entgegensteuern?

Die hohen Energiepreise und anhaltende Probleme bei den Lieferketten machen den Unternehmen zu schaffen. Mir ist bewusst, dass das viele Unternehmen vor kaum noch lösbare Herausforderungen stellt. Umso wichtiger ist es, dass die Pläne zur Entlastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Unternehmen zügig in die Umsetzung gehen – aber eben auch mit entsprechenden Nachbesserungen. Was wir auf jeden Fall bereits sehen, ist ein deutlich gestiegener Beratungsbedarf, vor allem bei Unternehmen aus energieintensiven Branchen. Wir müssen die Unternehmen an die Hand nehmen. So haben wir beispielsweise mit unserer Mittelstandstour in den vergangenen Wochen rund 400 Unternehmen in allen saarländischen Landkreisen erreicht und ihnen unseren Werkzeugkoffer vorgestellt – wir haben dort unsere Förderprogramme nochmals intensiv beworben. Wir versuchen als Land alles zu tun, um den Bestand unserer mittelständischen Unternehmen zu erhalten und zu stärken – auch wenn unsere finanziellen Mittel begrenzt sind.

 

In der Regel zieht eine Insolvenz zuerst Zahlungsausfälle bei weiteren Unternehmen und schließlich einzelne weitere Insolvenzen nach sich. Verfügt das Wirtschaftsministerium über Instrumente, um diesem Rattenschwanz vorzubeugen?

In erster Linie muss es uns darum gehen, dass es überhaupt erstmal nicht zu Insolvenzen kommt. Aber auch da muss man realistisch sein: Wir werden sie erleben. Wir müssen eine längerfristige Perspektive schaffen, damit die Unternehmen aus dem Tal auch wieder herauskommen. Wir stellen daher mit unserer Eigenkapitalgesellschaft SEK Saarland GmbH Beteiligungsmittel und Landesbürgschaften bereit – bis zu 200 Millionen Euro. Die SEK Saarland GmbH begleitet kriselnde Unternehmen beim Wiederaufbau und steht ihnen mit Rat und Tat sowie Kapital zur Seite. Wir können damit über Bürgschaften oder auch Anteile Unternehmen in Not stützen. Denn am Geld soll es am Schluss nicht hängen. Gerade in der jetzigen Zeit ist die SEK umso wichtiger: Wir setzen damit ein sehr starkes Signal für unseren Wirtschaftsstandort und seine Beschäftigten.

 

Sie stehen im Ruf, ein engagierter Kümmerer zu sein. Schließt das auch in Ihrer jetzigen Position als Wirtschaftsminister ein, dass Sie sich um einzelne Firmenschicksale kümmern?

Ich stand auf der anderen Seite, war selbst viele Jahre Unternehmer. Und es steht außer Frage, dass ich mich in meiner Position als Minister da auch weiterhin kümmern werde. Ein starker Wirtschaftsstandort braucht starke Unternehmen – und deshalb müssen wir als Regierung alles daransetzen, dass das so bleibt. Nicht jedes Firmenschicksal landet direkt auf meinem Tisch – dafür habe ich ein kompetentes Team an meiner Seite, dass sich um genau diese Themen intensiv kümmert. Ich versuche aber trotzdem, wo es möglich ist, mich auch persönlich einzubringen – ich bin aktuell in vielen Gesprächen mit Firmeninhabern involviert – das ist mein Job.

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